Zwischen drei Eckpfeilern hat die Bischofssynode sich zu bewegen, so die Grundaussage von Papst Franziskus in seiner Predigt zu Eröffnung der Bischofssynode zum Thema Familie am Sonntag. Typisch für die ignatianische Methode wird in der Synodenaula viel diskutiert werden. Das Ziel der Synode ist aber nicht die Diskussion, sondern die Unterscheidung. Es geht darum zu unterscheiden, was gerade heute der „Geist den Gemeinden sagt“ (Offb 2,11), was Gott von der Kirche heute in Bezug auf die Familie möchte. Deswegen erinnert der Papst die Teilnehmer der Synode, dass jegliche Diskussion nur dann auf fruchtbaren Boden fallen kann, wenn man diese drei Eckpfeiler nicht aus den Augen verliert. Da ist zuerst die TREUE zum Wort Jesu. Dann geht es um die Rückbesinnung auf und die Suche nach der WAHRHEIT. Und letztlich geht es um die LIEBE. Im Umfeld der Synode wird jetzt schon viel polarisiert, aber die Polarisierung hat immer mit einem dieser drei Eckpfeiler zu tun. Einmal wird der eine dieser Pfeiler betont, dann ein anderer. Papst Franziskus erinnert daran, dass die Kirche ihrer Sendung nur dann treu sein wird, wenn sie alle drei vor Augen hat. Und nicht deswegen, weil man alle drei Elemente so vermischen sollte, dass letztlich von keinem etwas übrig bleibt, sondern deswegen, weil keiner dieser Einzelelemente ohne die anderen beiden Elemente voll zur Entfaltung kommen würde. Es gibt keine Treue zum Herrn, wenn man nicht in Wahrheit  und Liebe lebt. Es gibt keine Wahrheit, wo es keine Treue zum Wort des Herrn und keine Liebe gibt. Es gibt keine Liebe, wo es keine Wahrheit gibt und wo das Wort dessen, der die Liebe selbst ist, verachtet wird.

Hier der entscheidende Text des Papstes:

 

Ihre Sendung zu leben in der Treue zu ihrem Meister, wie eine Stimme, die in der Wüste ruft, um die treue Liebe zu verteidigen und die zahlreichen Familien zu ermutigen, die ihre Ehe als einen Bereich leben, in dem sich die göttliche Liebe offenbart; um die Heiligkeit des Lebens, eines jeden Lebens zu verteidigen; um die Einheit und die Unauflöslichkeit des ehelichen Bandes zu verteidigen als ein Zeichen der Gnade Gottes und der Fähigkeit des Menschen, ernsthaft zu lieben.

Die Kirche ist berufen, ihre Sendung zu leben in der Wahrheit , die sich nicht mit den flüchtigen Moden oder den herrschenden Meinungen ändert. In der Wahrheit, die den Menschen und die Menschheit vor der Versuchung der Selbstbezogenheit schützt und davor, die fruchtbare Liebe in sterilen Egoismus und die treue Verbundenheit in zeitweilige Bindungen zu verwandeln. »Ohne Wahrheit gleitet die Liebe in Sentimentalität ab. Sie wird ein leeres Gehäuse, das man nach Belieben füllen kann. Das ist die verhängnisvolle Gefahr für die Liebe in einer Kultur ohne Wahrheit« (Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate, 3).

Und die Kirche ist berufen, ihre Sendung zu leben  in der Liebe, die nicht mit dem Finger auf die anderen zeigt, um sie zu verurteilen, sondern – in Treue zu ihrem Wesen als Mutter – sich verpflichtet fühlt, die verletzten Paare zu suchen und mit dem Öl der Aufnahme und der Barmherzigkeit zu pflegen; ein „Feldlazarett“ zu sein mit offenen Türen, um jeden aufzunehmen, der anklopft und um Hilfe und Unterstützung bittet; mehr noch: aus der eigenen Einzäunung herauszutreten und auf die anderen zuzugehen mit wahrer Liebe, um mit der verletzten Menschheit mitzugehen, um sie mit einzuschließen und sie zur Quelle des Heils zu führen.

Eine Kirche, die die Grundwerte lehrt und verteidigt, ohne zu vergessen, dass »der Sabbat … für den Menschen da [ist], nicht der Mensch für den Sabbat« (Mk 2,27), und dass Jesus auch gesagt hat: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten« (Mk  2,17). Eine Kirche, die zur authentischen Liebe erzieht, die fähig ist, aus der Einsamkeit zu befreien, ohne ihre Sendung als barmherziger Samariter für die verletzte Menschheit zu vergessen.

Ich erinnere mich an den heiligen Johannes Paul II., als er sagte: » Der Fehler und das Böse müssen immer verurteilt und bekämpft werden, aber der Mensch, der fällt oder einen Fehler macht, muss verstanden und geliebt werden […] Wir müssen unsere Zeit lieben und dem Menschen unserer Zeit helfen« (Ansprache an die italienische Katholische Aktion , 30. Dezember 1978:Insegnamenti I [1978], 450). Und die Kirche muss ihn suchen, ihn aufnehmen, ihn begleiten, denn eine Kirche mit verschlossenen Türen verrät sich selbst und ihre Sendung, und anstatt eine Brücke zu sein, wird sie eine Barriere: »Denn er, der heiligt, und sie, die geheiligt werden, stammen alle von Einem ab; darum scheut er sich nicht, sie Brüder zu nennen« (Hebr 2,11).

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Text des Papstes: zenit.org