Oh JA!!! oder Ok, wenn es halt sein muss

Oh! Dass es mir geschehe! So antwortet Maria dem Engel. Leider ist diese Nuancierung in der deutschen Übersetzung verloren gegangen. Leider, weil zwischen, „OH! Dass es mir geschehe!“ und „Mir geschehe nach deinem Wort“ halt ein Unterschied besteht…“Mir geschehe“ könnte ja auch heißen: „ok, wenn es halt sein muss; wenn es keine anderen Optionen gibt“. Heute feiert die Kirche die Unbefleckte Empfängnis. Was mich an Maria so beeindruckt, ist…na gut, eigentlich Vieles. Aber das, was für mich ganz oben steht, ist ihr Glaube. Ein Glaube, der für sie vor allem in einer Erfahrung der Liebe besteht und der sich auf die Hoffnung und wiederum auf die Liebe auswirkt. Ihre Antwort an den Engel war eben nicht ein irgendwie hilfloses Annehmen der Anfrage von Oben…es war ein leidenschaftliches JA zu einer Liebe, die sie erfahren hatte. Aber ein JA, das auf einer Erfahrung gegründet ist und auf eine Hoffnung hin ausgesprochen wird. Denn nach der Botschaft des Engels gab es keinen weiteren Engel mehr, nicht auf der Flucht nach Ägypten und auch nicht unter dem Kreuz.

Glaube führt einen dazu, wie man auf englisch sagt, „to get off of the fence“ – er führt dazu, die Unentschiedenheit hinter sich zu lassen und einen Schritt zu setzen. Und echter Glaube tut das, weil echter Glaube nicht tot ist, sondern eben: lebendige Erfahrung einer Liebe, die mich trägt und die mich umfängt; eine Liebe, die mich so überwältigt, dass sie zu einem radikalen Lebenswandel führt, zur tiefen Bekehrung.

Der Breaking Point und die Unruhe

Was das mit Berufung zu tun hat, ist folgendes: Berufung ist eine Antwort auf Gottes Ruf, auf seine Liebe, darauf, dass er mir vorausgeht und mich einlädt, hinter ihm her zu gehen. Aber die Reise hat eine Richtung: christliche Berufung beinhaltet dieselbe Konsequenz wie der Glaube selbst: „einen tiefen Wunsch, die Welt zu verändern“ (Papst Franziskus 3.1.2013). Berufung führt einen in die tiefen Bedürfnisse dieser Welt hinein. Berufung stellt einen vor die erschreckende Armut eines Bedürftigen nur zwei Straßen weiter, vor die Aidspandemie, vor die Euthanasie, vor die Abtreibung, vor die Pille danach, die man schon ohne Rezept erhalten kann, vor die über 200 „legalen“ Bordelle der Stadt Wien, vor die zerrütteten Familien, vor die Vereinsamung eines Freundes, vor ein Kind, das soeben einen Arm durch eine Autobombe verloren hat, vor die Tatsache, dass in Österreich heute Selbstmord die häufigste Todesursache bei jungen Menschen  ist….vor alle diese Themen stellt uns die Berufungsfrage und konfrontiert uns ganz direkt: Wirst du dort überall gleichgültig zuschauen?

Ich möchte nicht sagen, dass jede Not, die uns bewegt, ein Hinweis auf unsere von Gott gegebene Berufung ist. Ich meine aber, dass die Frage, „Was will Gott von mir“ oft viel zu sehr aus dem Gesichtspunkt betrachtet wird, „was ist gut für mich?“, „wie werde ich glücklich?“ „wie kann ich mich selbst verwirklichen?“ und viel zu wenig mit einem Blick auf die Nöte dieser Welt. Aber wenn wir beginnen, diese Nöte an uns heranzulassen und versuchen, sie mit den Augen Gottes anzuschauen, mit einem Herzen, das selbst von der Barmherzigkeit und unfassbaren Liebe Gottes getroffen wurde und deswegen gerade diese Liebe Gottes überfließen lässt, dann wird vielleicht auch um einiges klarer, was Er überhaupt von mir will und bei welchem von all diesen fast unendlich vielen Bedürfnissen dieser Welt ich zu einem Breaking Point komme, wo ich die Sehnsucht in meinem Herzen nicht mehr aushalte, die Ärmel hochzukrempeln beginne und Gott erlaube, mich an den Platz zu schicken, von dem er schon vor aller Ewigkeit geträumt hat, dass Er mich dort hinschicken möchte.

Eine Heilige Unruhe, die Euch zu eurem Breaking Point führt, das wünsche ich Euch!

Übrigens, eine Predigt von mir gerade am Samstag zu diesem Thema findet man hier:

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