7. Juli. (Tag 2)

Auf der Suche nach dem Wahren, dem Guten und dem Schönen. Unter diesem Motto steht unsere Reise. Es ist wieder einmal sehr spät geworden. Ich will eigentlich gar nicht auf die Uhr schauen. Heute hat uns der Busch eine Lektion gelehrt, von der ich hoffe, dass wir sie nicht so schnell vergessen werden. Es sollte eigentlich der leichteste Tag der Reise sein. Ich hoffe, es war der schwerste, denn viel mehr als heute wird nicht gehen. Dabei hatte der Tag gut begonnen. Wir sind auf einer alten Forststraße richtig gut vorangekommen. Um die Mittagszeit war aber die Forststraße zu Ende und wir standen kurz davor, unseres erstes „Bushwhacking“ zu erleben. Wir feierten noch die Messe, aßen zu Mittag und dann ging es los. Eigentlich sollte es nicht so schwer sein, es ging um eine ca. 2 km lange Strecke über einen kleineren Berg hinüber, dann auf der anderen Seite hinunter zum Meer. Der Abstieg war aber die Hölle. Na ja, nicht ganz, aber ein wenig. Ein wenig Abseilen war noch lässig, aber dann ging es los: steil, Boulders, nass und rutschig. Extremst dichter Busch. Sogar ein Zelt haben wir dort verloren. Wir brauchten für eine Distanz von 800m nicht weniger als fünf Stunden. Es war kaum zu fassen. Um 21 Uhr waren wir immer noch nicht unten, es fehlten uns noch 200 Meter. Noch dazu wurde es immer dunkler und das schwierigste Stück lag noch vor uns. Hier verspürte ich das erste Mal für einen kurzen Moment ein Gefühl von Angst. Das ist jetzt gerade wirklich eine blöde Situation. Aber Angst ist bekannterweise kein guter Ratgeber. Wir besprachen die Situation kurz in der Leitungsgruppe und entschieden, uns bis zu einer Lichtung vorzukämpfen, die in unseren Karten zu sehen war. Aber dann: überall riesige Felsbrocken, die in allen möglichen Richtungen lagen, hier übernachten war ausgeschlossen. Mit der Dämmerung nimmt auch die Aktivität der Bären, Cougar und Wölfe zu. Egal. Weiter. Hierbleiben ging auf keinen Fall…. Das Ringen hat sich gelohnt. Es ist zwar wieder nach Mitternacht, aber wir haben die flache Lichtung erreicht, wo wir unsere Zelte aufschlagen und bei einem Bach wieder Wasser auffüllen können.

Wahrheit. Den ganzen Tag ringe ich schon mir ihr. Erstens mit dem Regen. Im Juli regnet es an der „Sunshine Coast“ in Kanada nicht, aber hier sitzen wir schon den zweiten Tag im Regen und die kommenden Tage sehen nicht viel besser aus. Außerdem, wenn das so weitergeht, also das mit 800m in fünf Stunden, schaffen wir es nicht nach Vancouver Bay. Wir sind noch nicht einmal am Ende des zweiten Tages und müssen jetzt schon Alternativen überlegen. Ich muss wieder einmal an mein Lieblingszitat von Megan Hine denken: „Annahme hilft dir, dich deiner emotionalen Koffer zu entledigen und klarer zu denken, da du nicht deine Energie damit aufbrauchst, indem du versuchst, die Wirklichkeit zu bekämpfen“. Wahrheit hat sehr viel damit zu tun: die Wirklichkeit anzunehmen, nicht zu manipulieren. Nicht zu denken, es wäre anders. Nicht so zu tun, als wäre es anders. Nicht so zu handeln, als wäre es anders. Wahrheit ist die Übereinstimmung von meinem Verstand mit der Wirklichkeit, nicht andersherum. Das anzuerkennen, ist extremst befreiend. Auch deswegen sagte einmal Jesus Christus: „Die Wahrheit wird euch frei machen“.

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